Dr. Insook Han

Singer

über mich

Wie bin ich eine Musikerin geworden?

Ich war neun Jahre alt. An einem herrlich sonnigen Frühlingstag war ich unterwegs zur Schule in einer südkoreanischen Stadt, in der ich geboren und aufgewachsen bin. Als ich an einer privaten Musikschule vorbeiging, hörte ich eine wunderschöne Klaviermusik, die mich fasziniert hat. In diesem Moment habe ich beschlossen, mich zur Pianistin ausbilden zu lassen.

Meiner Klavierlehrerin zufolge war ich eine sehr disziplinierte Klavierschülerin. Sie sagte immer wieder anderen Schülern, dass sie niemals so eine zuverlässige Schülerin wie mich gesehen hätte, da ich niemals die Klavierübungs- und Unterrichtsstunden verpasst hatte. Ein paar Jahre später empfahl sie mir, das Fach Komposition bzw. Musiktheorie zu studieren. Somit fing ich an, mich zur professionellen Musikerin bzw. Komponistin ausbilden zu lassen. Ich war die Klassenpianistin in meinen ganzen Schuljahren.

Ich habe mich im Jahr 1985 in das Fach Musikpädagogik an einer christlichen Universität in meiner Stadt eingeschrieben. Zu der Zeit habe ich in einem Buch einen Satz, der meinem damaligen Lebensgefühl entsprach, gefunden: „Universität ist ein Paradies.“ Seit dieser Zeit beschäftige ich mich ernsthaft mit künstlerisch-wissenschaftlichen Studien, die auf meiner (musikphilosophischen) Identitätsfrage beruhen.

Ich habe das Studium mit der besten Note in meinem Jahrgang abgeschlossen. Im Anschluss gründete ich eine private Musikschule in Seoul, wo ich zwei Jahre lang als Leiterin tätig war. Jedoch konnte ich nicht auf eine künstlerische Weiterbildung verzichten. Deshalb nahm ich mit Prof. Lee an der Frauenuniversität Ehwa Kontakt auf und setzte mein Kompositionsstudium fort. Bei ihr blieb ich etwa ein Jahr lang. Nach einer intensiven Zusammenarbeit empfahl sie mir ein weiteres Studium in Europa; so kam ich im Sommer 1991 nach Europa.

Nach dem Ankommen in Deutschland lernte ich neben dem Privatunterricht im Fach Komposition Deutsch an der VHS, der Inlingua und der Uni. Schließlich wurde ich an der Musikhochschule Maastricht angenommen und habe dort drei Jahre lang die Fächer Komposition, Klavier, Gesang, Partiturspiel und Instrumentation studiert. Danach entschied ich mich für ein weiteres Studium im Fach Elektronische Komposition in der Kölner und Essener Musikhochschule, und danach wurde mein praxisorientiertes Kompositionsstudium in der Musikhochschule Den Haag fortgesetzt und anschließend erfolgreich beendet.

Wie bin ich Wissenschaftlerin geworden?

Ich war von 2003 bis 2006 an einer südkoreanischen Universität als Dozentin tätig und veröffentlichte ein Buch zum Thema „Fortschreitende Musik“. Das war mein erster Schritt, mich als Wissenschaftlerin zu qualifizieren. Dieses Forschungsinteresse wird durch das Doktoratsstudium an der Kunstuniversität Graz konkret realisiert.

Wie bin ich Sängerin geworden?

Seit ich ein ganz kleines Kind bin, singe ich gerne mit oder ohne instrumentale Begleitung vor Menschen. Meine gesamte Schullaufbahn lang war ich „die Sängerin der Klasse“ und ließ mich neben meinen Hauptfächern Komposition und Klavier auch im Fach Gesang ausbilden. Erst vor Kurzem jedoch entdeckte ich mich ernsthaft als Sängerin, da das Singen mir sehr viel Spaß macht und ich weiß, dass ich andere mit meiner Stimme trösten oder glücklich machen kann. Dementsprechend wähle ich Gesangsstücke, die zu Ihrer Situation passen, besser gesagt: Mit Livemusik von mir wird Ihre Feierlichkeit noch schöner.

* Zu den Hörproben


Komposition

Ausgewählte Werkliste

Klaviersuite

♦ für Klaviersolo 8´(1986)

Streichquartett

♦ für zwei Violinen, Bratsche und Violoncello 9´30´´(1988)

Vier Klänge

♦ für Klaviersolo 8´(1993)

1. Ausschnitt ♪

Für Vn. und Vc.

♦ für Violine und Violoncello 4´(1994)

Vier Klavierstücke

♦ für Klaviersolo 6´(1994)

Zwei Stücke

♦ für Schlagzeuge - große Trommel, Kleine Trommel, Vibraphon, Pauken, Marimbaphon, Becken, Triangel 7´(1994)

Psalm 113

♦ für Flöte, Klarinette, Vibraphone, Violoncello, Pauken, Becken, Triangel, Röhrenglocken und Sopran 7´(1994/1995)

1. Ausschnitt ♪

Drei Schichte

♦für Flöte, Klarinette, Violoncello, Violine, Posaune, Klavier und 4 Schlagzeuge 9´(1995)

Mignon

♦für Klavier und Sopran 6´(1995)

Fern der Heimat

♦ für Klavier und Sopran 3´(1995)

Polyphonie

♦ für Orchester 10´(1995/96)

Quartett

♦ für Flöte, Klarinette, Geige und Violoncello 10´(1996)

Ym (音, 음)

♦ für Chor a cappella 10´(1996)

Duett

♦ für Schlagzeuginstrumente 15´(1996)

Expression

♦ für Violoncello solo 7´(1997)

Klavierstücke

♦ für Klaviersolo 7´(1997)

Hohelied "Der Winter ist vorbei"

♦ für Chor und Blechbläserquintett 11´(1997)

Poetische Gesang

♦ Elektronische Musik 8´(2000)

Gong

♦ Elektronische Musik 3´(2000)

1. Ausschnitt ♪

METAmorphose

♦ Elektronische Musik 3´41´´(2002)

Promenade

♦ für Kammerensemble 8´(2002)

Chyeong (淸, 청)

♦ für Kammerensemble und Tonband 9´20´´(2002)

1. Ausschnitt (synthetisierte Klänge) ♪

From Martin Luther King, "I have a dream speech..."

♦ für Orchester und Tonband 13´(2003)

3. Ausschnitt (synthetisierte Klänge) ♪


Publikation

Monographien

book2

Koreanische Kunst und Kultur

ISBN: 978-3-8300-7100-6
Hamburg 2013, Verlag Dr. Kovač

Schriften zur Kulturwissenschaftt, 128 Seiten

Der Schwerpunkt der Studie liegt sowohl auf der traditionellen koreanischen Kunst- und Kulturgeschichte als auch auf der koreanischen ästhetik, die anhand von Schlüsselbegriffen erläutert wird. Zudem wird die moderne koreanische Kunst aufgrund der globalisierten Kunst- und Kulturwelt in kunstterminologischen Ansätzen erörtert. Danach erfolgt eine kritische Auseinandersetzung mit der traditionellen und modernen koreanischen Familienkultur, die sich in Verbindung mit der Gender-Perspektive ergibt.

Als Grundlage dient die Erörterung der koreanischen Kunst und Kultur aus der philosophisch-ontologischen und der emischen Sichtweise im Kontext des soziokulturellen Wandels der koreanischen ästhetik. Es wird nicht nur in die koreanische Kultur eingeführt, sondern auch ein Vergleich mit den benachbarten Ländern hergestellt, um die Grundvoraussetzung eines Lehrbuches zum Thema Koreanische Kunst und Kultur zu erfüllen und einen vertieften Einblick sowie eine weitere Veranschaulichung der Weltkultur im Sinne des kulturwissenschaftlichen Kontexts zu erlangen.weiter

S. 57-58

"Im Taoismus gilt die tonlose Musik als angesehenste Tonkunst." [1]

Die Gründe können anhand der musikästhetischen und philosophischen Hintergrundgedanken erläutert werden.

Der Begriff "Tonlos" bezieht das "Tonlossein" mit ein. Nach dem Anhören traditioneller koreanischer Musik wird gefragt, ob der Nachgeschmack bzw. Nachklang im Koreanischen "Youm" [der fast unhörbare Nachklang] gründlich und geschickt war, sodass sich der Zuhörer wie "bereinigt" fühlt. Ist dieser Zustand erreicht, handelt es sich um eine gelungene Kunst. Die Begriffe "Unhörbarkeit" und einen Klang haben sind gegensätzlich, jedoch ergänzen sie sich innerhalb der Musik wie Yin und Yang und die Definition im Taoismus des vollkommenen Lebens als Nicht-Handeln.

Die Frequenz eines weisen Menschen liegt in der sehr hohen bzw. auf einer erhobenen Ebene, in der unsichtbare Dinge mehr Wert innehaben, als Sichtbares hat. Der Gedankengang eines weisen Menschen befindet sich in einer bereinigten Form. Die unreine oder oberflächliche Denkweise wird als kindisch bezeichnet. Vielmehr genießen sie den "vollkommenen" und "stillen" Zustand. Diese Lebenseinstellung wird als "Tao" bezeichnet: Die Weisheit wird zwar weiterhin gesucht, aber der Mensch befindet sich in der Transzendenz, in der nichts gebraucht wird. Laotses Sinnspruch präzisiert diese Annahme:

16. RüCKKEHR ZUR WURZEL

"[...]Der Wesen zahllose Menge entwickelt sich, doch jedes wendet sich zurück zu seiner Wurzel. Zurückgewandt sein zur Wurzel: das ist Stille. Stille: das ist Rückkehr zur Bestimmung. Rückkehr zur Bestimmung: das ist Ewigkeit. Die Ewigkeit erkennen: das ist Weisheit.[...]"[2]

Ein großes Leben setzt eine "entleerte" Denkweise voraus. Das ist der Sinn, dessen Bild und Ding "unsichtbar" und "unfasslich" sind. Die Seele befindet sich augenscheinlich auf der transzendentalen Ebene. Alle Schmerzen vergehen und die Verzweiflung wird verblassen, wie Rauch zum Himmel aufsteigt oder ein Schmetterling in den Himmel fliegt. Diese visuelle Vorstellung kann sich in der Seele eines Menschen vollziehen. In einem solchen Zustand ist "gefühlsbetonte" Musik unbrauchbar. Woraus sich erschließt, dass die bedeutendste Musik tonlos ist.

[1] Vgl. Laotse: Tao te king. Das Buch des alten Meisters vom Sinn und Leben, übersetzt und erläutert von Richard Wilhelm. Köln: Anaconda Verlag GmbH, 58.

[2] Ebd.,S. 26.

Inhaltsverzeichnis (Deutsche Nationalbibliothek)

Bestellung: Verlag Dr. Kovač


book1

Interkulturalität in der neuen Musik Koreas

Integration und Hybridität in der Musik von Isang Yun und Byungki Hwang

ISBN: 978-3-8300-6103-8
Hamburg 2011, Verlag Dr. Kovač

Schriften zur Kulturwissenschaftt, 128 Seiten

Für diese Studie wurden zwei koreanische Komponisten ausgewählt und ihre Werke genauer untersucht: Isang Yun, der im Bereich der inter­nationalen zeitgenössischen Kunstmusik tätig war und Byungki Hwang, der in der traditionellen koreanischen Musikszene hohe Anerkennung genießt. Aufgrund ihrer gegensätzlich ausgerichteten Spezialisierungen bieten die beiden Komponisten gute Voraussetzungen für eine vergleichende Erforschung ihrer interkulturellen Positionen.

Für die diskursive Beschreibung der komplexen musikalischen und gesellschaftlichen Kontexte beider Komponisten werden die soziolo­gischen Begriffe "Integration" und "Hybridisierung" eingeführt: Entgegen­gesetzte Kräfte oder kulturelle Diskurse können entweder hybridisiert oder integriert werden. Die unterschiedlichen, nicht ausbalancierten Kräfte können entweder in ein beherrschendes Referenzsystem integriert werden (Integration). Dabei beherrscht ein stärkeres Prinzip ein schwächeres, so dass das schwächere seine Eigenständigkeit verliert und sich dem stärkeren Prinzip anpasst. Oder aber es wird der ausgeglichenere Zustand der "Hybridisierung" angestrebt (oder erreicht), in dem zwei oder mehrere Prinzipien gleichberechtigt existieren. Dadurch kann ein "dritter Raum" (Homi K. Bhabha) entstehen, in dem sich neue "hybride" Identitäten bilden können.

Die Musik dieser zwei Komponisten kann als Beleg für die These gelten, dass eine starke Konzentration auf bestimmte nationale und lokal gebundene Musiktraditionen nicht zwingend einen Widerspruch zur interkulturellen Kommunikation darstellt. Im Gegenteil kann eine fundierte Auseinandersetzung mit nationalen und lokalen Diskursen die inter­kulturelle musikalische Interaktion bereichern und ihr dadurch ein neues Profil verleihen. weiter

Zusammenfassung

Für diese Arbeit wurden zwei koreanische Komponisten ausgewählt und ihre Werke genauer untersucht: Isang Yun, der im Bereich der internationalen zeitgenössischen Kunstmusik tätig war, und Byungki Hwang, der in der traditionellen koreanischen Musikszene hohe Anerkennung genießt. Aufgrund ihrer gegensätzlich ausgerichteten Spezialisierungen bieten die beiden Komponisten gute Voraussetzungen für eine vergleichende Erforschung ihrer interkulturellen Positionen. Für die diskursive Beschreibung der komplexen musikalischen und gesellschaftlichen Kontexte beider Komponisten werden die soziologischen Begriffe „Integration“ und „Hybridisierung“ eingeführt: Entgegengesetzte Kräfte oder kulturelle Diskurse können entweder hybridisiert oder integriert werden. Die unterschiedlichen, nicht ausbalancierten Kräfte können entweder in ein beherrschendes Referenzsystem integriert werden (Integration). Dabei beherrscht ein stärkeres Prinzip ein schwächeres, so dass das schwächere seine Eigenständigkeit verliert und sich dem stärkeren Prinzip anpasst. Oder aber es wird der ausgeglichenere Zustand der „Hybridisierung“ angestrebt (oder erreicht), in dem zwei oder mehrere Prinzipien gleichberechtigt existieren. Dadurch kann ein „dritter Raum“ (Homi K. Bhabha) entstehen, in dem sich neue „hybride“ Identitäten bilden können.

Im ersten Kapitel der Arbeit werden die für Musik relevanten Aspekte der Religionsphilosophie und die damit verbundene koreanische Terminologie in Bezug auf die Musikphilosophien von Yun und Hwang dargestellt. Korea hat eine Vielzahl kultureller Merkmale aus den altchinesischen Kulturen übernommen. Diese wurden aber in die eigene Kultur eingebunden und zu eigenständigen Gestaltungsformen weiterentwickelt. So entstanden mehrere autochthone koreanische Religionen und Denkformen. Ab dem 19. Jahrhundert erlangten westliche Denkformen zunehmenden Einfluss. Das zweite Kapitel beschäftigt sich mit den Grundformen und den typischen Eigenschaften der traditionellen koreanischen Musik, die ihren Charakter im Laufe mehrerer tausend Jahre aus einer Vielzahl verschiedener Wurzeln entwickelt und in die Gesamtkultur eingebunden hat. Daher kann die traditionelle koreanische Musik nicht nur durch „Lernen“ verstanden werden, sondern auch durch „Miterleben“. Mit dieser Charaktereigenschaft bildet die traditionelle koreanische Musik einen klaren Gegensatz zur westlichen Musik. Auch wenn eine lückenlose Abgrenzung zwischen den typischen Merkmalen koreanischer und westeuropäischer Musik schwierig ist, wird in dieser Arbeit detailliert auf Phänomene und ästhetik der traditionellen koreanischen Musik eingegangen, um zu zeigen, in welchem Maße die Werke der beiden Komponisten die Authentizität traditioneller koreanischer Musik reflektieren. Das dritte Kapitel ist das Hauptkapitel der Studie, in dem auf Yuns und Hwangs Musik ausführlich eingegangen wird. Dabei werden die Biographien und die Philosophien beider Komponisten sowie ihre zentralen künstlerischen Fragestellungen dargestellt.

Yuns Musikdenken oder Musikphilosophie wird zunächst von seinem religionsphilosophischen Hintergrund aus betrachtet. Obwohl Yuns Ansatz ausschließlich auf westlichen Instrumenten verwirklicht wird, basiert er nachhaltig auf ostasiatischem Denken. Dies suggerieren zunächst die Titel seiner Werke, die Namen koreanischer Musikgattungen tragen. Yuns ästhetik entwickelte sich aus alten, überwiegend chinesischen Denkformen wie dem Buddhismus, Daoismus, Konfuzianismus und dem koreanischen Schamanismus. Yun versuchte in seinen Werken, die kulturellen Gegensätze zwischen zwei Musikwelten, der ostasiatischen und der westeuropäischen, zu verbinden. In seinen äußerungen kann man, vor allem ab den 1970er Jahren, auch sein Engagement für humanitäre Verantwortung und Menscherechte spüren. Der Schicksalsschlag der Entführung durch den südkoreanischen Geheimdienst und darauffolgender Gefangenschaft verstärkte diese Hinwendung zu gesellschaftlich-politischen Themen. Yuns Wunsch nach Frieden in der Welt, und insbesondere in Korea, wurde immer stärker zum entscheidenden Beweggrund für sein Komponieren. Seine späteren Werke thematisieren wiederholt die weltpolitische Lage und die Gefährdung der Menschenrechte. Vor dem Hintergrund einer ambivalenten Beziehung zu seiner Heimat sah Yun sich nicht nur als „Koreaner“, sondern als „Asiaten“. Yun identifizierte sich immer mit Asien, obwohl er später die deutsche Staatsbürgerschaft annahm. Die Einflüsse der europäischen Tendenzen der 1950er und 1960er Jahre in Yuns Musik können nicht übersehen werden, da Yun an der neuen Musikszene dieser Zeit aktiv teilnahm. In der Zeit der Postmoderne verschwammen die Trennungs- und Verbindungslinien zwischen ostasiatischen und westlichen Gedanken, ein Vorgang, der sich in der postmodernen Philosophie wiederfinden lässt. Zu diesem Zeitpunkt entwickelte sich in der neuen Musik Europas die „Klangflächenkomposition“, mit deren Techniken Yuns Musik häufig in Verbindung gebracht wird. Der Unterschied zwischen der Musik Yuns und Klangflächenkompositionen anderer Komponisten besteht darin, dass sich Yuns „Haupttöne“ oder „Hauptklänge“ zwischen den monistisch und heterophon gestalteten Klangströmen finden lassen, wobei der Hauptton oder Hauptklang nach dem Vorbild der traditionellen koreanischen Musik ornamental eingesetzt wird. Die Ornamente dienen in Yuns Musik demselben Zweck wie in der traditionellen koreanischen Musik, nämlich dem Bestreben, jeden einzelnen Ton für sich lebendig zu gestalten. Als konkrete Beispiele dieser Studie wurden Yuns Werke Piri, Gagok, Réak und Erste Symphonie analysiert.

Das Werk Piri für Oboe solo (1971) bezieht sein Tonmaterial aus der Zwölftontechnik. Zugleich spiegelt sich in ihm die Struktur der traditionellen koreanischen Instrumentalmusik Sujech’ŏn, und die koreanische Spieltechnik Sigimsae wird auf moderne, westliche Spieltechniken übertragen. In Réak für großes Orchester (1966) wird durch den Einsatz der Mehrklangpeitsche Pak und der schichtweise eingesetzten Hauptklangtechnik die traditionelle koreanische Hofmusik evoziert. Den Versuch einer interkulturellen überbrückung realisierte Yun durch die gleichzeitige Verwendung von Hauptklang- und Zwölftontechnik, die er mit einer spezifischen, ornamentalen Melodieführung der traditionellen koreanischen Musik verband, die er als „Pinselstrich“ bezeichnete. In Gagok für Stimme, Gitarre und Schlagzeug (1972) lassen sich sowohl die charakteristischen Eigenschaften der traditionellen koreanischen Vokalmusik Kagok als auch des Epengesangs P’ansori wiederfinden. Die „unscharfe“ Rezeption koreanischer Musik ist charakteristisch für Yuns Haltung. Der vertonte „Text“, eine Folge asemantischer Silben, enthält koreanische und chinesische Spuren. Auch darin zeigt sich das Prinzip der „Unschärfe“. Von seiner ersten Symphonie bis zur letzten Symphonie hält Yun an seiner humanistischen Denkweise fest. Seine Symphonien klingen eher milde und warme Klänge. Yun führte aus, dass die fünf Symphonien eine Synthese seines gesamten Werks seien. Dabei bleiben viele Fragen offen. Obwohl die ostasiatischen Religionsphilosophien Yuns Werk beeinflussten und sein Schaffen offener machten, folgen die Symphonien deutlich einem geschlossenen Formprinzip. Es scheint, dass in diesen Werken die überbrückung zwischen weit entfernten Kulturen verstärkt Probleme aufwirft. Die Entstehung eines kulturübergreifenden Kunstobjektes scheint utopisch. Yuns Gesamtwerk kann als ein Versuch der Auseinandersetzung zwischen zwei Musikwelten bezeichnet werden. Seine Werke lassen sich weder als typisch koreanisch, noch als europäisch identifizieren. Sie sind keiner bestimmten Kategorie eindeutig zuzuordnen. Daher kann man Yun in einem „dritten Raum“ (Homi K. Bhabha) verorten. Seine künstlerischen Gedanken und seine Werke können somit als hybridisiert bezeichnet werden. Isang Yun versuchte, seinen eigenen kreativen Raum, einen „dritten Raum“ zwischen Europa und Asien zu schaffen.

Demgegenüber versucht Byungki Hwang in seinem Schaffen die inhärente Authentizität der koreanischen Tradition einfließen zu lassen. Er hofft durch Musik seine eigene Kultur wiederzufinden und gleichzeitig weiterzuentwickeln. Sein Versuch ist aber nicht durch ein nationales Paradigma allein zu erfassen, sondern seine Werke verfolgen einen umfassenden Schönheitsgedanken, der auf die multikulturellen Ursprünge und Quellen der koreanischen Kultur rekurriert. Nach einer sechs Jahre dauernden Schaffenspause komponierte er 1974 sein Werk Ch’mhyangmu [Tanz im Duft von Aloe] für Kayagŭm und Changgo (1974), das auf musikethnologischen Grundlagen Elemente der indischen oder zentralasiatischen Kulturen mit den koreanischen Genres Pŏmp’ae und Sanjo verbindet. Diesen Gedanken verfolgte er in den folgenden Werken wie Pidankil [The silk road] für Kayagŭm solo (1977) weiter, und komponierte schließlich das experimentelle Werk Migung [The Labyrinth] für Kayagŭm und Frauenstimme (1979), das von der westlichen neuen Musik, insbesondere aber von Fluxus-Kompositionen, etwa von Nam June Paik oder John Cage, beeinflusst wurde. Hwangs Musik thematisiert daneben auch oft von Naivität geprägte Themen, die aus seinen Kindheitserinnerungen stammen. Zugrunde liegt der daoistische Gedanke, dass sowohl die sichtbare Natur als auch die Unbefangenheit jedes Menschenlebens gleichwertig sind.

Ein Künstler besitzt seine eigene, eigentümliche Denkform, welcher sich andere Künstler niemals vollständig nähern können. Diese Denkform wurde aus Sicht der ostasiatischen Religionsphilosophien als göttliche Eingebung definiert. Aus diesem Grund gingen die ostasiatischen bzw. koreanischen Künstler davon aus, dass ihre Werke Teil der Natur waren. Die Gelassenheit in der ostasiatischen bzw. koreanischen Kunst hat ihre Wurzeln in der daoistischen Philosophie, die niemals zwingend ist oder eine Absicht aufdrängt. Es gibt keine „Suche“ nach einer philosophischen Sichtweise, sondern das Sein verwirklicht sich in Harmonie. Im Daoismus kommt das Wort „vollkommene Harmonie“ immer wieder vor. Es wird dabei auf die Lehre verwiesen, dass das menschliche Leben so geführt werden sollte, dass die Menschen einen zufriedenstellenden Umgang untereinander und mit der Natur pflegen. Die Ablehnung des bewussten Handelns im Daoismus ist verbunden mit dem Gedanken, dass – egal ob man irgendetwas übermäßig betreibt oder nicht betreibt – das Ergebnis am Ende gleich ausfällt. Diese naturorientierte Musikphilosophie findet man in Hwangs Musik wieder. Beispielsweise wird in der traditionellen koreanischen Malerei eine leere Fläche (koreanisch: Yŏbaek) als die „Schönheit der Yŏbaek“ bezeichnet. Dieser Gedanke taucht in der Musik als Nachklang auf und wird auf Koreanisch Yŏŭm bezeichnet. Der Klang ist kaum zu hören, aber in ihm vollendet sich der „Geschmack“ einer Musik. Dieses Yŏŭm ist beim Spielen der Kayagŭm (Wölbbrettzither) sehr gut ausgeprägt. Solche ästhetischen Ursprünge versucht Hwang in seiner Musik wiederzugeben.

Hwangs Werke, in deren Mittelpunkt die Zither Kayagŭm steht, kann als „typisch koreanisch“ bezeichnet werden, da seine Komposition in ihrer inneren und äußeren Gestaltungsform ausschließlich koreanische Eigenschaften aufweist. Die typische koreanische Musik ist letztlich in der Stille zu finden, wobei durch Meditation ein harmonischer Zustand erlangt werden kann, dessen Hauptmerkmal aus unbewussten, intuitiven und ausbalancierten Denkformen besteht. Byungki Hwang fand seinen Platz als Erneuerer innerhalb der traditionellen koreanischen Musikszene. Sein Schaffen beruht auf einer integrierten Form der koreanischen Tradition. Seine Musik kann als eine anspruchsvolle Weiterentwicklung der traditionellen koreanischen Musikszene angesehen werden, verlässt deren Rahmen aber nur ansatzweise, so dass sie der Kategorie der „Integration“ zugeordnet werden kann.

Die Musik dieser zwei Komponisten kann als Beleg für die These gelten, dass eine starke Konzentration auf bestimmte nationale und lokal gebundene Musiktraditionen nicht zwingend einen Widerspruch zur interkulturellen Kommunikation darstellt. Im Gegenteil kann eine fundierte Auseinandersetzung mit nationalen und lokalen Diskursen die interkulturelle musikalische Interaktion bereichern und ihr dadurch ein neues Profil verleihen.

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진보하는 음악 [Fortschreitende Musik]

ISBN: 89-5916-148-9
Seoul 2005, Yesolpress, 100 Seiten mit CD

진정한 예술 작품은 진보성과 독특함을 지니고 있다

이 책에서 저자는 가치 있는 창작행위란 작곡 기법이나 표현방법 면에서 창조성과 실험적인 정신을 지니고 있어야 한다고 본다. 이와 맥락을 같이하여 음악분석 면에서도 새로운 관점이

요구된다고 보았는데 즉, 하나의 훌륭한 예술작품은 연관성을 지닌 유기체이며 음악구조에는 어떤 주류를 이루는 법칙들이 존재한다고 보았다. 이에 세가지 관점에서 작품을 고찰하였다.

첫째로 황금분할 면, 둘째로 음, 프레이즈, 모티브 등의 긴밀한 관계, 셋째로는 음성학으로의 음 산출이라는 새로운 차원의 테크닉과 작곡의 연관성을 고찰하였다. 베토벤 작품을 직접 분석하고 존 슬랑엔 교수의 안톤 베베른 작품분석과 작곡가 바를로우의 작품분석을 번역, 정리하고 저자의 의견을 덧붙였다. 마지막으로 저자 자신의 작품을 예로 들어 철학적 면에서 서양과 동양이라는 두 개의 판이하게 다른 세계가 한 작품 안에서 어떻게 연관성을 가지고 발전되어가는지를 보여주고 있다.

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Forschungsaufsätze
2020BEETHOVEN HANDBUCH-1 (übersetzung), Seoul: Taerim Verlag, 436-466
2018The Identity of Isang Yun's Music in Cross-cultural Comparison, Seoul: Musik und Volk, 65-91
2014Ethik und Kunst, in: Ethik im Weltkontext. Geschichten - Erscheinungsformen - Neuere Konzepte, hrsg. von Hamid Reza Yousefi und Harald Seubert, Wiesbaden: Springer Fachmedien, 259-267
2012

Zum Problem der Transkription traditioneller koreanischer Musik, in: Wiener Beiträge zur Koreaforschung, hrsg. von Koreanologie • Institut für Ostasienwissenschaften Universität Wien, Wien: Präsens Verlag, 69-84, Abstract

Zum Problem der Transkription traditioneller koreanischer Musik

Die ursprünglich schriftlose Musik wird entweder durch das am häufigsten verwendete Fünfliniensystem mit Versetzungszeichen les- und verstehbar gemacht oder durch elektronische Mess- und Aufzeichnungsverfahren grafisch dargestellt.

Grundsätzlich gilt für die koreanische Musikforschung Folgendes: Je zugänglicher das Forschungsmaterial ist, desto komplexer ist der Forschungsinhalt und desto notwendiger sind grundlegende Erkenntnisse der koreanischen Musikphilosophie. Dieser Zusammenhang verdeutlicht, dass die traditionelle koreanische Musik nur aus emischer Perspektive heraus verstanden werden kann. So hat sich die koreanische Gesellschaft aus und in einem ganz anderen Kulturkreis entwickelt: Ihre Wurzeln liegen in der Natur begründet und messen dem Erhalt der Natur eine zentrale Bedeutung bei.

Die philosophisch-ontologische Perspektive beabsichtigt, neben analytisch-vergleichenden Ausführungen zur westlichen und koreanischen Musikethnologie vor allem auf die Problematik der Transkription im ostasiatischen Tonsystem einzugehen. Abschließend werden die Fragen aufgeworfen, mit welchen Mitteln die traditionelle koreanische Musik bzw. das koreanische Tonsystem dargestellt werden kann und worauf beim Transkribieren koreanischer Melodien geachtet werden soll. Dieser Ansatz ermöglicht zum einen ein besseres Verständnis der traditionellen koreanischen Musik, eröffnet zum anderen aber auch eine kunstontologisch vertiefende Perspektive zum koreanischen Musikdenken.

2009Klangflächenkomposition bei Xenakis (METAstasis)und Ligeti (Apparitions). Zum Vergleich von Klangflächenkompositionen in der Musik Ligetis und Xenakis', 10 S. (unveröffentlicht)
2008Persische Kunstmusik - Ihr Tonsystem Dastgah, 19 S. (unveröffentlicht)

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